ALOIS WIMMER – GANZ PERSÖNLICH
Die erste Berührung mit Musik hatte ich sehr früh in meinem Elternhaus, da mein Vater Harmonika spielte und meine Mutter mich mit ihrer hellen Sopranstimme begeisterte. Auch unser Hausfriseur namens Kuch, der in regelmäßigen Abständen auf seinem Weg zum oder vom Kurorchester, wo er das Schlagwerk spielte, uns drei Buben die Haare schnitt, animierte uns zum Musik machen, da er immer wieder ein Instrument für uns mithatte, um uns die Wartezeit zu verkürzen.
Nachdem ich einmal sein Glockenspiel gar nicht mehr aus der Hand geben wollte, versprach er mir, das nächste Mal ein noch schöneres Instrument mitzunehmen. So kam ich zu meinem Akkordeon, mit welchem ich dann nach Grieskirchen in die Musikschule fuhr und dabei auf Anregung des Busfahrers auch des Öfteren im Bus vorspielte – auch während der Fahrt!!! – und nachher mit einem Hut mein erstes Taschengeld einsammeln durfte.
Als dann meine älteren Brüder Blasinstrumente erlernten, versuchten wir uns auch im gemeinsamen Spiel, teilweise auch ohne Noten nach Gehör oder ein Tonband nachspielend. Ein Musikerkollege meiner Brüder von der Stadtkapelle Grieskirchen ergänzte unsere Besetzung und bald wurden wir eingeladen, auf Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und anderen Anlässen aufzutreten, wo dann auch des Öfteren unsere zwei jüngeren Schwestern, die im Gegensatz zu mir die schöne Stimme unserer Mutter geerbt haben, mitmachten.
Da bei der Stadtkapelle Grieskirchen Klarinettisten gebraucht wurden, hatte ich eines Tages ein weiteres Instrument in die Hand bekommen. Fasziniert von den vielen Klängen, die ein Blasorchester ermöglicht, versuchte ich, während der Proben in die einzelnen Instrumentengruppen hineinzuhören und deren unterschiedliche Aufgaben zu erforschen. Der Kontakt unseres Kapellmeisters Helmut Trawöger zu Komponisten wie seinem Bruder Karl Trawöger oder Werner Brüggemann, deren Werke wir spielten und die in den Proben mit uns arbeiteten, aber auch die Auseinandersetzung mit großen klassischen Werken, waren weitere interessante Bausteine in meinem musikalischen Werdegang. Aus diesen Erfahrungen heraus begann ich autodidaktisch Stücke zu schreiben, vorerst für kleinere Besetzungen, dann auch für die Stadtkapelle. Als dann schon das offizielle Opus eins, ein einfacher Marsch, neben den Werken der erwähnten Komponisten auf Schallplatte gepresst wurde, war die Freude groß und mein Entschluss, Musik richtig zu studieren, stand fest.
Dieses Studium absolvierte ich von 1979 bis 1989 am Mozarteum in Salzburg (Staatliche Lehrbefähigungsprüfung, Diplomprüfung im Fach Klarinette mit Auszeichnung, Sponsion zum Mag. art.). Parallel dazu unterrichtete ich an der Landesmusikschule in Grieskirchen, spielte vermehrt in verschiedenen Orchestern, Volksmusik- und Kammermusikbesetzungen, und versuchte mich auch – als Nachfolger von Helmut Trawöger – als Kapellmeister der Stadtkapelle Grieskirchen.
Auch das private Glück entwickelte sich prächtig. Nach der Hochzeit mit meiner Gerlinde vergrößerten in sehr rhythmischem Abstand von je zwei Jahren zwei Mädchen und zwei Buben unsere Familie.
Der innere Drang zum Komponieren wuchs indes weiter an, vermehrte Aufträge samt erste Preise dafür motivierten mich zusätzlich. Tonträgerproduktionen, Rundfunk- und Fernsehaufzeichnungen und Einladungen zu Aufführungen im In- und Ausland waren eine weitere Folge, zahlreiche Werke wurden als Pflichtstücke bei Wettbewerben nominiert.
Eine Besonderheit in meinem Schaffen entstand im Jahr 2014: Im Auftrag des regionalen Kulturfestivals „Landlwochen“, für welches ich schon in den Jahren zuvor einige Werke für verschiedene Besetzungen geschrieben hatte, sollte ich nun eine Komposition zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg schreiben. Besetzungsvorgabe war, dass sowohl das regionale Sinfonieorchester (Hausruck-Philharmonie), ein Blasorchester (EMK Grieskirchen) und ein großer Chor (Hausruck-Voices) besetzt sein sollten. Erweitert um einen Sprecher und zwei Solostimmen entstand die 80-minütige Komposition „Dein Haus verbrennt, wenn du´s jetzt glimmen lässt“. Sowohl für mich persönlich als auch für die Ausführenden und das anwesende Publikum war die Verarbeitung in Form von ausgewählten Texten und meiner Musik äußerst berührend, weshalb dieses Konzert ein halbes Jahr später im Brucknerhaus Linz wiederholt wurde und dort ebenfalls intensivsten Eindruck hinterließ.
Durch meine ständige Beschäftigung – als Musiker, Lehrer, Komponist und Kapellmeister – sowohl mit Volks- und Kammermusik als auch mit Sinfonie- und Blasorchester hat sich eine recht gleichmäßige und breite Aufteilung meines Oeuvres ergeben: ein gutes Drittel davon besteht aus Werken für Blasorchester in unterschiedlichen Ausprägungen und Schwierigkeitsgraden, ein weiteres Drittel ist für verschiedenste Kammermusikbesetzungen geschrieben, der Rest gehört Solowerken, Chor oder sinfonischer Besetzung. Hohe Flexibilität in Tonsprache, Schwierigkeitsgrad und Besetzungsvarianten waren bei den sehr unterschiedlichen Auftragsvorgaben eine vorausgesetzte Notwendigkeit.
Als Ausgleich zur vielen Sitzarbeit beim Musizieren, Unterrichten und Komponieren ist Radfahren ein wesentlicher Bestandteil meiner Freizeit geworden, sowohl bei meist kurzen Ausritten in der heimischen Natur als auch auf größeren Touren in alle Himmelsrichtungen (nach Sizilien, Santiago de Compostela, ans Nordkap oder nach Istanbul). So wie das Reisen überhaupt eine wichtige Lebens- und Schaffenskomponente für mich geworden ist, denn viele Reisen habe ich anschließend als thematische Grundlage für Kompositionen verwendet. Auch meine zufällig genau 80-tägige Weltreise mit meiner Frau Gerlinde durch Afrika, Australien, Neuseeland und Südamerika wurde im viersätzigen Zyklus „In 80 Tagen um die Welt“ musikalisch verarbeitet.
Mittlerweile bei Opus 170 angekommen finde ich auch nach über 50 Jahren musikalischer Betätigung in meinen unterschiedlichen Bereichen tiefe Befriedigung und Erfüllung in der Musik und bin für all diese Möglichkeiten, die mir gegeben wurden, seeehr dankbar. Ja, und auch das private Glück hält weiter an und setzt sich fort in einer wachsenden Anzahl von Enkelkindern …
Bad Schallerbach, 31.12.2023